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Forensische Schriftuntersuchung

Ziele

Die Forensische Schriftuntersuchung beschäftigt sich mit den Grundlagen und Methoden der Untersuchung handschriftlich gefertigter Schreibleistungen aller Art zur Prüfung ihrer Echtheit bzw. Unechtheit sowie zur Identifizierung des Schrifturhebers. Ebenso wie die Daktyloskopie oder die DNS-Analyse dient auch die Schriftuntersuchung der Personenidentifizierung. Darüber hinaus können spezielle Fragestellungen wie etwa die Bestimmung des Herstellungszeitpunkts bzw. die Datumsechtheit von Schreibleistungen oder Sprühschriften sowie verschlüsselte Schriften analysiert werden.

Die Forensische Schriftuntersuchung ist überwiegend im Dienste der Rechtsprechung für Gerichte und Staatsanwaltschaften tätig. Sie kann dabei auf eine Tradition zurückblicken, die ihre Verankerung im Corpus Iuris Civilis der spätantiken römischen Kaiserzeit hat. Schriftsachverständige werden aber auch von Firmen, Gesellschaften und Privatpersonen beauftragt. In schriftvergleichenden Gutachten kann bereits im Vorfeld gerichtlicher Auseinandersetzungen zu Fragen der behaupteten Entstehungsbedingungen oder zur Authentizität von strittigen Schreibleistungen Stellung genommen werden. Sie liefern damit Anhaltspunkte zur Abschätzung der späteren Erfolgsaussichten.


Die Methodik schriftvergleichender Untersuchungen

Auf der einen Seite stellt die Schrift eine materielle Spur dar, sodass Schreibmittel und Schriftträger Gegenstand physikalisch-technischer und chemischer Analysen sein können. Auf der anderen Seite stellt das Schreiben eine komplexe psychophysische Handlung dar und ist daher auch Gegenstand der Psychologie sowie der Neurophysiologie.


Die Erfassung der Schriftmerkmale

Die schriftvergleichende Analyse basiert auf dem sogenannten Grundkomponentenmodell nach Prof. Dr. Lothar Michel. Die systematische Erfassung graphischer Merkmale liefert dem Sachverständigen Informationen, die dem Laien nicht zugänglich sind.


Anforderungen an das Schriftmaterial

Für die Durchführung von schriftvergleichenden Untersuchungen sollten nach Möglichkeit

zur Verfügung gestellt werden. In Durchschrift oder in Kopie vorliegende Schriftstücke sind nur eingeschränkt verwertbar. So können an einer Kopie in der Regel nur unzureichende Befunde der physikalisch-technischen Urkundenuntersuchung erhoben werden. Auch graphische Merkmale wie Strich- und Druckbeschaffenheit sowie des Bewegungsflusses sind häufig nicht hinreichend präzise zu erfassen.


Vergleichsschriften

Wünschenswert für die Durchführung der erforderlichen Untersuchungen ist die Vorlage von möglichst unbefangen entstandenen Vergleichsschriften. Damit sind Schriftstücke gemeint, die spontan in verschiedenen alltäglichen oder in geschäftlichen Zusammenhängen hergestellt wurden. Die Schriftproben sollten direkt mit der zu prüfenden Schreibleistung vergleichbar sein. Handelt es sich beispielsweise um die Begutachtung einer Unterschrift, so sollte auch das Vergleichsmaterial aus Unterschriften bestehen. Bei der Beschaffung von Vergleichsschriften ist zudem darauf zu achten, dass die Schriften möglichst zeitnah zum Datum der zu untersuchenden Text- oder Unterschrift entstanden sind.


Fundstellen für Vergleichsschriften

Fundstellen für unbefangen entstandenes Vergleichsmaterial befinden sich sowohl im häuslichen Bereich (Terminkalender, Telefonverzeichnis, Adressenlisten, Koch- und Haushaltsbücher, Notiz- und Tagebücher, Unterrichts- und Kursmitschriften, Schulhefte, Unterschriften in Zeugnissen der Kinder, Notizzettel und sonstige Aufzeichnungen, Paß, Personalausweis, Mitglieds- und sonstige Ausweise, Führerscheine) als auch in der privaten und geschäftlichen Korrespondenz (Miet-, Pacht-, Liefer- oder Kaufverträge, Bestellscheine, Anträge bei Ämtern und Versicherungen, Vollmachten, Lebensläufe, Fragebogen u.a.), in Bankunterlagen, aber auch in Form von Briefen, Postkarten, oder handschriftlichen Notizen bei Verwandten und Bekannten sowie bei der Arbeitsstelle und den Geschäftspartnern.


Unterschied zur Graphologie

Für die Forensische Schriftuntersuchung ist nicht von Interesse, ob Handschriften charakterologisch gedeutet werden können. Mit der Zuordnung von Schriftmerkmalen zu Charaktereigenschaften beschäftigt sich die Graphologie. Da es sich hier aus wissenschaftstheoretischer Sicht nicht nur um die Annahme problematischer Voraussetzungen, sondern auch um die Anwendung fragwürdiger Verfahren handelt, ist zwischen der schriftvergleichenden Urheberschaftsidentifizierung und der charakterologischen Deutung eine klare Grenze zu ziehen.